Samstag, 24. Januar 2009
 
Costa Rica: Aufbruch trotz Katerstimmung PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Torge Löding   
Dienstag, 16. Oktober 2007

Graue Regenwolken hängen dieser Tage schwer über dem mittelamerikanischen Costa Rica. Dieses Wetter bringt die Stimmung der GegnerInnen des Freihandelsabkommens CAFTA (spanisch TLC) mit den USA auf den Punkt: Beim Referendum am Sonntag, den 7. Oktober, unterlagen sie um 3,2 Prozentpunkte.

Präsident Oscar Árias (rechter Sozialdemokrat, PLN) freut sich über ein Ergebnis von 51,6 Prozent zugunsten des neoliberalen Abkommens, welches auch umfassende Privatisierungen vorsieht. Die manuelle Nachzählung der Stimmen wird daran nichts mehr ändern. Ein großartiger Sieg ist das indes nicht, beachtet man die gigantischen Summen, welche die CAFTA-Freunde in die Wahlkampagne investiert haben. Zieht man die Wahlbeteiligung von gerade einmal 60 Prozent in die Berechnung ein, zeigt sich, dass nur 30,5 Prozent der wahlberechtigten CostaricanerInnen mit "Ja" gestimmt haben. Eine wackelige Basis für die durch den "Memo-Skandal" angeschlagene Regierung.

 

Gewonnen haben die CAFTA-GegnerInnen vor allem eine neue Organisationsform: die "patriotischen Komitees", welche sich landauf, landab als Basiskomitees gebildet hatten, um der von den USA diktierten Politik einen Strich durch die Rechnung zu machen. Diese wollen nicht aufgeben und werden sich am 27. Oktober bei ihrem ersten landesweiten Vernetzungstreffen in der Hauptstadt beraten, wie der Kampf gegen den Neoliberalismus weitergehen soll.

 

Gefährlich wäre es, das Referendum als "vorbildlich" einzustufen. "Es gab Betrug vom ersten Tag der Kampagne an. Mit Lügen, Drohungen und Einschüchterung sind die CAFTA-Befürworter vorgegangen. Dabei konnten sie auf die volle Unterstützung des Staatsapparates und der Massenmedien zählen", konstatiert Fernando Francia, Direktor des alternativen Radio Dignidad. Für die CAFTA-KritikerInnen gab es außer bei einer handvoll TV-Duells im Staatssender keinen öffentlichen Raum in den Medien; auch keine kostenlosen Werbespots, wie man das aus Europa kennen mag. Für bezahlte Spots oder massive Anzeigenschaltung konnte das Geld nicht aufgebracht werden. Eigentlich ein Armutszeugnis. Und trotzdem stimmte fast die Hälfte der WählerInnen mit "Nein".

 

An den letzten drei Tagen vor dem Volksentscheid hatte sich das Weiße Haus in Washington noch einmal massiv eingeschaltet. Die Massenmedien Costa Ricas machten sich einmal mehr zu Erfüllungsgehilfen von Parteigängern des US-Präsidenten, welche drohten: "Nachverhandelt werden kann nicht. Wenn CAFTA nicht gewinnt, wird Costa Rica bestraft". Eine eigens angereiste Delegation von US-Demokraten widersprach dieser Ansicht, wurde aber eisern von TV und Tagespresse ignoriert.

 

Durchgefallen ist das "Nein" vor allem bei denen, auf die viele CAFTA-Gegner vor allem gesetzt hatten: den intellektuellen Mittelschichten. In San Josés Univiertel San Pedro etwa gewann das "Ja" deutlich. Genau wie in den Gegenden mit Industrieparks und Freihandelszonen sowie den Arbeiterschlafstädten Cartago und Heredia, wo die Unternehmer massive Einschüchterungskampagnen fuhren. Nur in Alajuela konnte sich das "Nein" durchsetzen. Anders als bei den Präsidentschaftswahlen färbten sich vor allem die ärmsten Regionen des Landes "rot" (sprich das "Nein" gewann): In Puntarenas, im armen Süden (Osa-Halbinsel und Golfito), dem strukturschwachen Norden (San Ramon, La Fortuna) sowie in Guanacaste stimmte die Mehrheit gegen die Gringos. Als besonders firm erwiesen sich dabei die Indigenen: In keinem Wahllokal auf Indio-Gebiet bekamen die CAFTA-Befürworter auch nur einen Fuß auf den Boden.

 

Quelle: Nachrichtendienst poonal Nr. 786, 16.10.2007

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